Thai Airways hat mitgeteilt, dass die Airline aufgrund des nun förmlich eröffneten Insolvenzverfahrens in absehbarer Zeit keine stornierten oder annullierten Flüge mehr erstatten darf. Während Sprecher der klammen Airline bemüht waren, eine baldige Nachholung ausstehender Erstattungen in Aussicht zu stellen, wurde zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Insolvenz auch mit dem Totalverlust von Erstattungsansprüchen einhergehen kann. Tickets für Thai Airways Flüge ab dem 01.07.2020 sind derzeit hiervon noch nicht betroffen.
Dass die Meldung, dass eine Airline die Erstattung von Ticketkosten eingestellt hat, es überhaupt auf den Nachrichtenticker geschafft hat, liegt daran, dass Thai Airways anders als viele europäische Airlines bisher eine sehr verbraucherfreundliche Erstattungs-Strategie verfolgt hat. Neben den obligatorischen Angeboten zu Umbuchung, einem längeren Gültigkeitszeitraum für Tickets und den branchenüblichen Gutscheinen waren bei Thai Airways auch bis zuletzt immer noch Tickets erstattet worden. Die Foundation for Consumers, eine Art thailändische Verbraucherzentrale, appellierte an das Transportministerium und die Flugaufsicht, dass die Airline schnell wieder zu den Erstattungsregeln zurückkehren müsse.
In der Tat wird Thai Airways während der Insolvenzschutz-Phase vor allem mit zwei Problemen zu kämpfen haben: Zum einen ist die thailändische Regierung extrem vorsichtig bei den Lockerungen des landesweiten Lockdown und der Wiederöffnung der Grenzen für ausländische Touristen. Tatsächlich betreffen die aktuell diskutierten zaghaften ersten Öffnungen ab dem 01.07.2020 vor allem die sehr überschaubare Gruppe an Ausländern, die Inhaber einer Arbeitserlaubnis in Thailand sind. Thailändische Medien gehen davon aus, dass eine Rückkehr zu einem relevanten touristischen Flugverkehr kaum vor Oktober möglich sein wird und dann auch nur, wenn die Regierung ihre strikte Haltung zu Corona-Tests und 14-tägiger staatlicher Quarantäne aufweichen wird. Jeder weitere Monat ohne nennenswerte Einnahmen durch Ticketverkäufe verschlechtert aber die Aussichten auf eine erfolgreiche Restrukturierung des ehemaligen Staatsunternehmens. Zum anderen tendieren Passagiere bekanntlich eher dazu, Unternehmen in Insolvenz wegen des erhöhten Risikos des Totalverlusts zu meiden und lieber mit Airlines zu fliegen, von denen sie annehmen, dass der gebuchte Flug denn auch tatsächlich stattfinden wird. Da wäre eine Fortsetzung der Refunds natürlich eine vertrauensbildende Maßnahme.
Einstellung der Erstattung betrifft annullierte Flüge
Es ist wichtig zu betonen, dass die Einstellung der Erstattung zunächst einmal nur Flüge betrifft, die in den letzten zwei Monaten und bis zum 01.07.2020 annulliert wurden. Da ab dem 01. Juli die Wiederaufnahme des Flugverkehrs geplant ist, besteht ja zumindest die theoretische Chance, dass Flüge, die ihr für den Zeitraum nach dem 01.07.2020 gebucht habt, tatsächlich stattfinden werden. Wer also für den Winter einen Flug nach Thailand gebucht hat, kann im Moment noch entspannt bleiben, weil die Chancen auf tatächlich durchgeführte Flüge zum Jahresende vermutlich steigen werden. Darüber hinaus besteht für annullierte Flüge aus der Vergangenheit auch weiterhin die Chance, das Ticket umzubuchen, einen Gutschein in Anspruch zu nehmen oder die Ticketgültigkeit verlängern zu lassen. Über all diesen Möglichkeiten schwebt aber die Gefahr des Scheiterns der Restrukturierung und der Abwicklung der Thai, bei der euer Geld dann faktisch wohl verloren wäre.
Nicht betroffen ist im Übrigen, wer einen Prämienflug mit Thai Airways bei einem anderen Vielfliegerprogramm wie z.B. Miles & More gebucht hat. Hier ist euer Vertragspartner nicht Thai Airways sondern das Vielfliegerprogramm, gegen das ihr im Falle einer Abwicklung der Thai dann den Anspruch auf Gutschrift eurer Meilen hättet.
Das Star Alliance Mitglied, das seit Ende März keinen einzigen kommerziellen Flug mehr durchgeführt hat und aktuell auch bis Ende Juni 2020 definitiv am Boden bleiben wird, hatte vor knapp zwei Wochen erklärt, dass es ein Insolvenzverfahren beantragen werde. Dies war aufgrund der enormen über Jahre aufgetürmten Schuldenlast von 4,2 Milliarden Euro notwendig geworden, nachdem die thailändische Regierung – bisher Haupteigentümer der National-Airline – verkündet hatte, dass es keine weiteren finanziellen Unterstützungen mehr geben werde. Als Beispiel, was passieren würde, wenn z.B. Lufthansa kundenfreundlich ausgefallene Flüge erstatten würde, taugt der Fall Thai Airways nicht, denn der Schuldenberg, der die Insolvenz zur Folge hatte, wurde nicht durch die Erstattungen angehäuft sondern durch unternehmerische Fehlentscheidungen.
Thai Airways darf 6 Monate lang keine annullierten Flüge erstatten – Fazit
Angesichts der weiterhin vollkommen unklaren Lage, wann Thai Airways wieder Flüge wird anbieten und durchführen können, wird einem ein bisschen mulmig. Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Restrukturierung könnten sicherlich besser sein und die Insolvenz wird auch länger andauern, als die von Thai-Managern angedeuteten sechs Monate. Hoffen wir, dass die Anstrengungen zu einem glücklichen Ende führen werden.