In den ersten beiden Artikeln unserer Serie zum Beruf des Onboard Courier (OBC) ging es um die Bewerbung und die erste Onboard-Mission. Heute wollen wir uns die “letzte Meile” zum Auftraggeber anschauen und dann endlich auch mal über Vergütung von Onboard Kurieren sprechen.
Wir hatten im letzten Artikel die erste Mission bis zum Boarding durchgesprochen (OBC: Die erste Onboard Courier Mission). Ihr sitzt jetzt also im richtigen Flugzeug. Das ist schon mal gut. Bis zur Landung kann jetzt nicht mehr so viel schiefgehen, wenn ihr die goldene Regel beachtet, dass ihr eben nicht auf dem Weg in den Urlaub seid sondern einen Job zu erledigen habt und deshalb die Finger von Alkohol lasst, auch wenn der Flug noch so lang ist. Außerdem ist es wichtig das Shipment immer im Blick zu behalten, es also idealerweise unter dem Vordersitz zu verstauen oder es im gegenüberliegenden Overhead Compartment zu verstauen, wo ihr es im Blick habt, wenn jemand anderes das Gepäckfach öffnet. Seid euch immer der Tatsache bewusst, dass eure Fracht sehr wertvoll ist und ein Verlust hohe Kosten auslösen würde (zu rechtlichen Fragen und empfehlenswerten Versicherungen mehr im nächsten Artikel).
Der Regelfall wird, wie in den ersten Teilen schon erwähnt, der Transport als Handgepäck sein. Sollte das Gepäck einmal zu sperrig fürs Handgepäck sein, müsst ihr nach der Landung natürlich schnurstracks zur Gepäckausgabe, damit nicht irgendwer versehentlich euer Gepäck vom Band nimmt. Da es ab Landung auch gleich wieder auf jede Minute ankommen kann, solltet ihr auch noch an Bord vor der Landung auf die Toilette gehen, damit ihr am Boden keine wertvolle Zeit verliert. Soll man das Gepäck mit auf die Toilette nehmen? Tja…
Onboard Courier Mission: Import-Verzollung
Im Flughafen gibt es nach der Landung noch ein großes Hindernis zwischen euch und dem Ausgang und das ist der Zoll. Bei der Immigration, wenn ihr denn eine durchlaufen müsst, sollte normalerweise alles glatt laufen, denn ihr solltet für den Job anhand eures Visa-Profils ausgewählt worden sein und daher mit der Einreise in dem speziellen Zielland keine Probleme haben. Natürlich kann immer noch etwas schieflaufen, selbst wenn ihr technisch gesehen eine Einreiseerlaubnis habt. Ich war gerade erst vor ein paar Tagen in Vietnam, wo es seit ein paar Jahren für Deutsche und andere eine visafreie Einreiserlaubnis für einen bis zu 15-tägigen Aufenthalt gibt. Ich bin inzwischen so oft in Ho-Chi-Minh-City gewesen, dass ich nachlässig geworden bin und mir die Regeln für die visafreie Einreise nicht immer noch mal wieder vor Abflug durchlese. In vielen Ländern ist ein Ausreisenachweis in Form eines Flugtickets erforderlich und in Vietnam wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieses AUSGEDRUCKT mit sich zu führen ist. Hatte ich nicht. Glücklicherweise konnte ich mit dem wackligen Airport-Wifi den Rückflug wenigstens auf meinem Handy nachweisen. Hätte der Immigration Officer einen schlechten Tag gehabt, wäre mein Trip hier vielleicht schon vorbei gewesen. Ein weiterer Stolperstein in Vietnam ist, dass die visafreien Einreisen limitiert sind. Nach der Ausreise auf einem Visa Exempt, müssen 30 Tage vergangen sein, bevor ihr wiederum visafrei einreisen dürft. Kurzum: Vor Abreise immer mal einen Blick auf die Einreise- und Zollvorschriften des Ziellandes werfen. Eine erste gute Adresse sind hier immer die landesspezifischen Reisehinweise des Auswärtigen Amtes.
Das eigentliche Nadelöhr bei einer Mission als Onboard-Courier ist aber der Zoll. Wichtigste Regel: Ihr geht IMMER durch den roten Ausgang (wenn es sich nicht um eine Reise innerhalb eines Binnenmarktes wie der EU handelt). Seriöse Vermittler werden euch nie darum bitten, doch einfach mal durch den grünen Ausgang zu gehen. Seriöse Auftraggeber eigentlich auch nicht, zumal die Zollpapiere später eigentlich auch für die Steuer benötigt werden. Um ehrlich zu sein, bin ich bisher auch nie gefragt worden, ob ich ein Problem damit hätte, durch den grünen Ausgang zu gehen. Ich höre aber immer wieder, dass es das gibt, vornehmlich offenbar bei jungen und unerfahrenen Onboard Kurieren. Auch wenn die Frage nach dem grünen Ausgang unseriös ist, so ist sie zumindest geradeaus. Unfairer wäre es schon, wenn der Onboard Courier mit Aussagen wie “Die Ware ist schon online verzollt. Du kannst beruhigt durch den grünen Ausgang gehen” in das offene Messer geschickt wird.
Als Faustformel sollte man sich daher merken: Wenn der Transport nicht innerhalb einer Zollunion stattfindet, solltet ihr schon aus Eigensicherung immer den roten Ausgang wählen. Wie gesagt, seriöse Vermittler werden euch mit den erforderlichen Zolldokumenten bewaffnen und euch erklären, wie die Prozedur ablaufen wird. Wenn es etwas kniffliger oder der Wert der Ware sehr hoch ist, schickt der Auftraggeber auch einen eigenen Mann zum Flughafen, der die Verzollung übernimmt. Wenn am roten Ausgang niemand sitzt, dürft ihr trotzdem nicht einfach den grünen Ausgang nehmen sondern fragt im Zollbüro oder am Infoschalter um Hilfe. Nach erledigter Verzollung ist natürlich auch wieder ein Status-Update an den Vermittler fällig, wie ihr ohnehin während der gesamten Mission engmaschig darüber informieren müsst, wo ihr gerade seid und was ihr gerade macht.
Onboard Courier Mission: Die Zustellung der Ware
Die rechtlichen Hürden sind gemeistert, wenn ihr unfallfrei durch Immigration und Customs aus dem Flughafengebäude herauskommt und das Tageslicht am Zielort erblickt. Doch am Ende seid ihr meist noch nicht. Es kommt zwar vor, dass die Ware von einem Beauftragten des Auftraggebers am Flughafen abgeholt wird und ihr euch postwendend wieder auf den Heimweg begeben könnt, doch in der Regel werdet ihr das Shipment noch zustellen müssen. Es wird den einen oder anderen, der immer noch ein sehr romantisches Bild vom Onboard Courier hat, vielleicht enttäuschen, doch es steht für diesen Fall keine angeheuerte Limousine mit Chauffeur für euch bereit sondern ihr werdet euch in einer fremden Stadt mit wenig Schlaf und enormen Zeitdruck selbst irgendwie zum Übergabepunkt durchschlagen müssen, denn während die Flüge für euch gebucht werden, sind die Transfers in der Regel in eurer Verantwortung. Erschwerend hinzu kommt, dass die Zustellung natürlich so schnell wie möglich erfolgen muss, aber nicht “koste es, was es wolle”. Im Gegenteil erhaltet ihr für die Transfers vom und zum Flughafen eine Pauschale, die kaum fürs Taxi reicht. Und nach der Übergabe müsst ihr von der Pauschale ja noch ins Hotel und am nächsten Morgen wieder zum Flughafen (und am Heimatort dann wieder vom Flughafen nach Hause). Ein Mietwagen kann eine kostengünstigere Alternative sein, die zudem eine gewisse Flexibilität verleiht. Allerdings ist nicht jeder bereit und in der Lage, nach einem Langstreckenflug in einer fremden Großstadt in ein Auto zu steigen und sich womöglich auch noch in den Linksverkehr zu stürzen.
Am Übergabepunkt angekommen, übergebt ihr die Ware dann gegen Quittung an die Person, die euch als Empfangsberechtigter genannt wurde und sich entsprechend ausweisen kann. Macht Fotos von der Übergabe und der unterschriebenen Quittung und schickt diese an euren Vermittler. Der heiße Teil ist nun erledigt und ihr könnt euch auf den Weg ins Hotel oder je nachdem, wie die Mission ausgeschrieben wurde, zurück zum Flughafen für den Heimflug machen.
Onboard Courier Mission: Benefits
Die meisten stellen sich “Onboard Courier” als umsonst fliegen und viel von der Welt sehen vor. Der erste Teil ist immerhin richtig. Der Flug wird euch natürlich bezahlt und auch die Meilen für den Flug könnt ihr behalten. Da Onboard-Missionen in der Regel kurzfristige Aufträge sind, wird zumeist auch in höhere Buchungsklassen gebucht, so dass sich das meilentechnisch lohnt. Die Regel-Reiseklasse ist natürlich trotzdem die Economy Class, denn bei so einem Auftrag geht es ja nicht darum, dass der Onboard Courier eine schöne Zeit hat, sondern darum, dass Ware schnell und kostengünstig zum Empfänger kommt. Da Onboard Courier auch kein Ausbildungsberuf ist sondern das erstmal jeder machen kann, ist das Lohngefüge auch entsprechend niedrig.
Ob man viel von der Welt sieht, hängt vom Auftrag ab. In der Ausschreibung wird zumeist schon gesagt, wie lange ihr unterwegs sein werdet. Es kann sein, dass ihr unmittelbar nach Auftragsende auf den Rückflug gebucht werdet. Es kann aber auch sein, dass ihr noch ein, zwei Nächte am Zielort bleiben sollt. Das hängt weniger von der Attraktivität des Zielortes ab sondern vielmehr vom Preis des Rückflugs, der oft eben niedriger ist, wenn er ein paar Tage später stattfindet. Auch wenn Fragen natürlich nichts kostet, solltet ihr bedenken, dass die Vermittler nicht euer Reisebüro sind, sondern versuchen, einen Auftrag an Land zu ziehen. Es ist nicht auszuschließen, dass professionelle Onboard Kuriere, die es nehmen, wie es kommt, lieber genommen werden als Mister Extrawurst, der im Winter lieber nicht nach Boston fliegen oder in Dubai gerne noch zwei Tage dranhängen möchte. Denkt daran, dass der Vermittler den gleichen Zeitstress hat wie ihr und ihn individuelle Reisewünsche Zeit kosten. Aber bei Langstrecke sind oft ein, zwei Nächte am Zielort inklusive.
Onboard Courier: Ein Vergütungsbeispiel
Es gibt Onboard Couriere, vornehmlich junge Studenten, die mit Meilen und ein paar Nächten irgendwo schon zufrieden wären und denen die eigentliche Vergütung gar nicht so wichtig ist. Das kann man den Leuten nicht übel nehmen, aber so etwas zieht natürlich das Gehaltsgefüge bei der Vergütung von Onbord Courieren mächtig nach unten. Der in Deutschland größte Vermittler zahlt nach eigenen Angaben “mindestens 150 Euro pro Auftrag”. Da man selbst bei den zahlreichen Lieferungen innerhalb der EU meist eine Übernachtung hat, also zwei Tage unterwegs ist, ist das okay als Taschengeld für jemanden, der sonst eh nichts mit der Zeit anzufangen gewusst hätte, aber es ist natürlich sehr knapp für jemanden, der davon leben will. Entsprechend gibt es auch nicht so wahnsinnig viele Onboard Kuriere, die in Vollzeit ausschließlich als OBC arbeiten sondern nach meiner Wahrnehmung ist das ein klassischer Nebenjob.
Natürlich gibt es neben der reinen Vergütung des Onboard Courier Jobs noch Pauschalen für die anfallenden Kosten. Das sind einmal die Kosten für An- und Abreise zum Flughafen sowohl am Heimat- als auch am Zielort, dann eine Übernachtungspauschale und eine Pauschale mit der eure sonstigen Kosten wie Telefon etc. abgegolten werden. Zum Teil werden einzelne dieser Pauschalen auch zusammen gelegt.

Da ich in Asien lebe und überwiegend dort fliege, bin ich mit einem Vermittler unterwegs, der eine Pauschale von 100 Euro pro Kalendertag zahlt; wer einen Vielfliegerstatus hat, bekommt noch einen kleinen Bonus. Wer also am Montagabend um 22 Uhr los fliegt und am Mittwoch um 6 Uhr morgens wieder zu Hause ist, bekommt also als Grund-Vergütung 300 Euro. Dazu kommt eine Übernachtungspauschale von 100 Euro pro Nacht, in unserem Beispiel also 200 Euro für zwei Übernachtungen (egal, ob man vielleicht eine Nacht im Flugzeug sitzt). Auch hier gibts was extra, wenn man einen Status hat. Als weitere Pauschale für An- und Abreise sowie Telefonkosten gibt es zudem noch mal einmalig 100 Euro. In dem genannten Beispiel würde sich die Vergütung also auf 600 Euro aufsummieren. Das klingt nach einer Menge Geld, aber man darf die Kosten unterwegs nicht unterschätzen. Anreise zum Flughafen, ggf. Parkgebühren sowie Abreise nach Auftragsende, Taxi oder Mietwagen am Zielort und vor allem die andauernden Statusupdates und Telefonate bei Problemen können die Mobilfunkrechnung ganz schön nach oben treiben. Es lässt sich auch nicht alles über Wifi oder WhatsApp klären. Manchmal ruft euch der Auftraggeber oder der Vermittler unterwegs auf eurer deutschen Nummer an. Das kostet euch Roaming-Gebühren, die im außereuropäischen Ausland immer noch sehr teuer sind.
Ich habe Glück, dass Hotels in Asien meist deutlich billiger sind als in Europa oder Nordamerika, so dass ich mit den Übernachtungspauschalen gut auskomme, aber in Metropolen gibt es mitunter für 100 Euro ziemlich wenig Hotel. Insbesondere die An- und Abreisepauschale ist meist so knapp, dass etwas, von dem Profit, den man an der Übernachtungspauschale machen kann, wieder abgeknapst wird. Da ihr eine Gewerbeanmeldung benötigt, um den Job machen zu können, müsst ihr gedanklich natürlich von dem Gewinn auch noch Kosten für Buchhaltung/Steuerberatung, Kranken- und sonstige Versicherungen, Zwangsmitgliedschaften und alle anderen Kosten eurer selbstständigen Tätigkeit abziehen. Die Fixkosten der Selbständigkeit habt ihr im Übrigen auch, wenn ihr keinen einzigen Job als Onboard Courier bekommt.
Ich selbst mache das neben meiner eigentlichen selbständigen Tätigkeit nebenbei, so dass mir kaum Kosten hierfür anfallen, die ich nicht ohnehin schon hätte. Im nächsten Artikel schauen wir uns ein paar dieser Fixkosten eurer Selbstständigkeit mal genauer an.
Onboard Courier kann trotz schwacher Vergütung und hoher Verantwortung bei unmenschlichem Zeitdruck ein toller Nebenjob sein, bei dem man mit Glück auch tatsächlich ein paar Gegenden der Welt sehen kann, die man noch nicht kannte.
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