Die Boeing 787-8 konnte sich bereits vor der Corona-Krise keiner besonders hohen Nachfrage mehr erfreuen. Auf Grund einer Verkettung mehrerer Umstände könnte die Zukunft des kleinsten Dreamliners nun hingegen doch wieder besser aussehen und die 787-8 – in der ein oder anderen Form – sozusagen ein “Comeback” vor sich haben.
Comeback der 787-8 – Aktuelle Situation
Vorweg sei in Erinnerung gerufen, dass das Basismodell der Dreamliner Familie eben nicht die “mittlere” 787-9 ist, sondern mit der Boeing 787-8 die kürzeste Version. Die 787-8 hatte nach ihrer Indienststellung im Jahr 2011 häufiger mit technischen Problemen und entsprechenden Negativschlagzeilen zu kämpfen, 2013 kam es sogar zu einem temporären Grounding aller Maschinen. Positiv formuliert bot dies für Boeing zahlreiche Möglichkeiten an zukünftigen Verbesserungen zu arbeiten.
Diese Arbeiten schlugen sich vor allem in der 2014 in Dienst gestellten und um rund 6 Meter gestreckten Boeing 787-9 nieder, welche bis heute das mit Abstand erfolgreichste Dreamliner-Modell ist. Obwohl die 787-9 durch die Verlängerung mehr Passagiere befördern kann, ist gleichzeitig auch ihre Reichweite gestiegen – dadurch erschien die 787-8 für viele Fluglinien obsolet. Insgesamt wurde die 787-9 mit aktuell 877 Bestellungen (davon noch 322 offen) bisher mehr als doppelt so oft geordert wie das kleinere Basismodell, bei der derzeit nur noch 48 Exemplare offen sind. Damit wäre ein Produktionsende der 787-8 wohl bereits mittelfristig absehbar.

Nun kommen jedoch mehrere Faktoren zusammen, die der Boeing 787-8 gemeinsam wieder Auftrieb verleihen könnten. Bereits vor der Corona-Krise ging der Trend in Richtung “mehr Langstreckenflüge, mit kleineren Flugzeugen” – überspitzt formuliert also zukünftig “A321XLR statt A380”. Durch die Corona-Krise wurde der Trend zu kleineren Langstreckenmaschinen nochmal verstärkt, da die Nachfrage gerade auf der Langstrecke massiv eingebrochen ist und auch bis mindestens 2024 nicht mit einer vollständigen Erholung auf das Vor-Krisen-Niveau gerechnet wird.
Kleinere Flugzeuge sind somit aktuell ganz einfach leichter zu füllen und wirtschaftlicher zu betreiben. Erst kürzlich hat EVA Air etwa eine Bestellung für sieben 787-10 zu vier kleineren 787-9 (und 3 777F Frachtern) umgewandelt. Und Emirates verhandelt Medienberichten zu Folge bereits seit längerem über eine Umwandlung eines Teiles ihrer 777-9 Bestellung zu einer 787 Bestellung.
Niedrigere Produktionskosten durch mehr Gemeinsamkeiten mit 787-9 und 787-10
Ein weiterer Faktor ist, dass Boeing derzeit auf Grund der gesunkenen Nachfrage nach werksneuen Flugzeugen sowie der derzeit schwierigen Unternehmenssituation laut darüber nachdenkt, die Produktion der Dreamliner Familie von zwei (Charleston, Everett) auf nur noch einen Standort (Charleston) zu reduzieren. Der ein oder andere Leser wird nun hellhörig werden – ja, es geht um das Boeing-Werk in Charleston, welches in der jüngeren Vergangenheit häufiger medial am Pranger stand, weil die dort produzierten Flugzeuge diverse Mängel aufgewiesen haben sollen. Aktuell werden sowohl die Boeing 787-9 als auch die 787-10 in Charleston produziert, während die Boeing 787-8 exklusiv in Everett gefertigt wird.

Wichtig ist nun zu wissen, dass die beiden gestreckten Varianten eine “commonality” (dt. in etwa “bauliche Gemeinsamkeiten”) von 95% vorweisen – während die Gemeinsamkeiten der 787-8 mit den beiden größeren Modellen nur bei 30 bis 40% liegt. Die vielen “exklusiven” Einzelteile, gekoppelt mit der niedrigen Produktionsrate, führen zu erhöhten Produktionskosten der 787-8. Boeing überlegt daher die Produktion der 787-8 von Everett nach Charleston zu verlegen, die gesamte Dreamliner-Produktion an einem Standort zu bündeln, und gleichzeitig die 787-8 zu überarbeiten, damit diese mehr Gemeinsamkeiten mit der 787-9 und der 787-10 vorweist. Bereits 2018 wurde der 787-8 das neuere Heck der 787-9 und 787-10 spendiert. Weitere Vereinheitlichungen würden somit auch die Produktionskosten der 787-8 senken, welche in weiterer Folge mit kompetitiveren Preisen an die Kundschaft angeboten werden könnte.
Es gibt allerdings auch Spekulationen, wonach Boeing ein Modell auf Basis einer wiederum gekürzten 787-9 anbieten könnte, welche somit bereits sämtliche “Upgrades” der 787-9 inkludiert hätte. Diese Variante würde es den Spekulationen zu Folge sowohl in einer Passagierversion (787-8ER) als auch in einer Frachtvariante (787F) geben, um zukünftig 767- und 777-Frachter abzulösen. Jedenfalls könnten die gesunkenen Produktionskosten – gepaart mit der stärkeren Nachfrage nach kleineren Langstreckenmaschinen sowie einer höheren ‘fleet commonality' – die Boeing 787-8 zukünftig wieder mehr in den Vordergrund bringen und ihr ein “Comeback” verschaffen.
Haltet ihr ein Comeback der Boeing 787-8 für realistisch?
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