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01. März 2020 Kai 1 Flugrecht, News

Kommen Verschlechterungen bei der EU-Fluggastrechte-Verordnung?

Aktuelle Bemühungen der kroatischen EU-Ratspräsidentschaft, die Fluggastrechteverordnung EU-261/2004 auf Basis eines schon älteren Vorschlags der EU-Kommission deutlich aufzuweichen, sieht Klaus Müller, Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, mit Sorge. Er prognostiziert eine deutliche Zunahme von Verspätungen im Flugverkehr, wenn den Airlines “der Anreiz zur Pünktlichkeit” fehle, der sich aus den Entschädigungszahlungen nach der Verordnungen entwickelt habe. Doch welche Verschlechterungen der Fluggastrechte drohen konkret?

Entschädigungen zukünftig erst ab 5 Stunden Verspätung?

Der Entwurf für eine Reform der Fluggastrechteverordnung, der von den Kroaten eingebracht wurde, sieht vor, dass Entschädigungsansprüche zukünftig erst nach fünf Stunden Verspätung auf der Kurzstrecke (Flugstrecke bis zu bis 1.500 Kilometer), nach neun Stunden auf der Mittelstrecke (Flugstrecke innerhalb der EU von mehr als 1.500 km und bei allen anderen Flugstrecken von einer Entfernung zwischen 1.500 und 3.500 km) und sogar erst nach zwölfstündiger Verspätung auf der Langstrecke (Flugstrecken von mehr als 3.500 km mit Abflugs- oder Zielort außerhalb der EU) greifen sollen. Bisher sieht die Verordnung vor, dass die ausführende Fluggesellschaft eine pauschale Ausgleichszahlung ab einer verspäteten Ankunft von drei Stunden (Art. 7 VO (EG) Nr. 261/2004) in Höhe von

  • 250€ für eine Flugstrecke bis zu 1.500km,
  • 400€ für eine Flugstrecke innerhalb der EU von mehr als 1.500km und bei allen anderen Flugstrecken von einer Entfernung zwischen 1.500 und 3.500km und
  • 600€ bei Flugstrecken von mehr als 3.500km mit Abflugs- oder Zielort außerhalb der EU

zu leisten hat. Der oberste Verbraucherschützer Müller sieht den Entschädigungsanspruch insbesondere auf den Strecken bis 1.500km gegen Null gehen, wenn die Pläne verwirklicht würden, denn die überwiegende Zahl der bisher entschädigungspflichtigen Verspätungen sei im Korridor von drei bis fünf Stunden Verspätungen. Nicht zu vergessen sei dabei auch der Puffer, den die Fluggesellschaften in ihre Flugpläne einbauen. Die prognostizierte Ankunft sei gerade auf längeren Strecken meist auf 30 bis 60 Minuten nach der tatsächlichen Ankunft gelegt, so dass man für eine Entschädigung wegen einer Flugverspätung von mehr als drei Stunden meist faktisch länger verspätet sein müsse als drei Stunden.

Trotzdem hatte die Verordnung natürlich eine disziplinierende Wirkung, was daran zu erkennen ist, dass die Verspätungszahlen in der Europäischen Union deutlich geringer sind als z.B. in den USA, wo es entsprechende Entschädigungsregelungen nicht gibt. Der aktuelle Vorschlag zur Novellierung der EU-Richtlinie 261/2004 ist übrigens nicht gänzlich neu, sondern basiert grob auf einem schon 2014 unter der Präsidentschaft von Jean-Claude Juncker eingebrachten Entwurf der EU Kommission. Damals war aber ein Streit über den Status von Gibraltar zwischen Spanien und Großbritannien entbrannt, der dafür gesorgt hatte, dass der Vorschlag jahrelang auf Eis lag. Auch sonst konnte damals in vielen Bereichen keine Einigung erzielt werden. Nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU zum 31.01.2020 ist nun der Weg frei für erneute Beratungen.

Deutlich mehr Entschädigungszahlungen nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung

Die Kosten an Entschädigungszahlungen sind in den Jahren seit der Einführung der EU-Fluggastrechte-Verordnung für die Airlines massiv angestiegen, was auch auf ein höheres Bewusstsein der Reisenden über ihre Rechte zurückzuführen ist – auch wenn es sich bei diesen “fachkundigen Reisenden” nach wie vor um eine deutliche Minderheit handelt. Für die Airlines ist dies naturgemäß ein Anlass, für eine Einschränkung der Verordnung zu lobbyieren. Das Fluggastrechteportal Fairplane, bei dem Ansprüche für Reisende gegenüber den Airlines (gegen eine Provision in Höhe von 24-35% der Ausgleichszahlung im Erfolgsfall) geltend gemacht und ggf. auch eingeklagt werden können, kritisiert die Pläne. Prof. Dr. Ronald Schmid, Unternehmenssprecher von Fairplane betont:

„In der Veröffentlichung des Rates vom 15.2.2020 wird suggeriert, es ginge um „Klärung rechtlicher Grauzonen“. In Wirklichkeit beschneiden die meisten Neuregelungen im Wesentlichen das durch die Verordnung und die Judikatur des EuGH erreichte Schutzniveau der Fluggastrechteverordnung.“

Es wäre jedenfalls mit einem medialen Aufschrei der Verbraucherorganisationen zu rechnen, sollte es bei dem derzeitigen Entwurf bleiben. Doch nicht nur Verbraucherschützer, sondern auch Abgeordnete des EU-Parlaments äußern sich kritisch zu den Plänen der kroatischen Ratspräsidentschaft. Der SPD-Verkehrsexperte im EU-Parlament und Vizechef der sozialdemokratischen Fraktion, Ismail Ertug, kündigte jedenfalls schon mal an, dass man einen Abbau von Verbraucherrechten nicht hinnehmen werde. Insgesamt ist es durchaus unwahrscheinlich, dass das Europäische Parlament einer derartigen Revision der Fluggastrechte-Verordnung zustimmen würde.

Kommen Verschlechterungen bei der EU-Fluggastrechte-Verordnung? – Fazit

Eine Verschlechterung der Fluggastrechte wäre ein großer Erfolg für die Lobbyarbeit der Luftfahrtunternehmen in Brüssel. Kaum eine Regelung ist in der Branche so unbeliebt wie die EU-Fluggastrechte-Verordnung, auch wenn sie in der öffentlichen Diskussion gerne als Sündenbock für zahlreiche Verschlechterungen, sei es beim Catering oder zusätzlichen Gepäckgebühren, herhalten durfte. Ob Fluggäste von einem Aufweichen der Verbraucherrechte tatsächlich in irgendeiner Weise profitieren würden, darf wohl bezweifelt werden.

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