Die italienische Nationalairline Alitalia kennt man bei uns vor allem aufgrund ihrer finanziellen Schieflage. Dass die Flieger überhaupt noch abheben dürfen ist zahlreichen Geldspritzen zu verdanken. Das kennt man aber nicht anders und gehört schon fast zu Alitalia dazu. Was man hingegen weniger kennt ist das Flugerlebnis mit Alitalia selbst. Dank eines, sagen wir mal günstigen Preises, hatte ich im November des letzten Jahres die Möglichkeit, die Alitalia Business Class im Airbus A330-200 auf der Strecke von Rom nach Boston zu testen. Soviel sei schon einmal gesagt: Ich war ziemlich überrascht…
Alitalia Business Class Airbus A330-200 – Die wichtigsten Daten
- Airline: Alitalia
- Flugzeugtyp: Airbus A330-200
- Flugnummer: AZ614
- Reiseklasse: Business Class
- Kabinen-Konfiguration: Staggered 1-2-1
- Kabinen-Größe: 20 Sitze in 5 Reihen
- Pitch/Sitzabstand: 44 Zoll / 111,8 cm
- Bettlänge: 78 Zoll / 198,1 cm
- Sitzbreite: 21 Zoll / 53,3 cm
- Bildschirmgröße: 15 Zoll / 38,1 cm
- Recline: 180 Grad
Alitalia Business Class Airbus A330-200 – Buchung & Boarding
Gebucht habe ich den Flug Anfang Januar 2019 in einem “speziellen Sale” für knapp 475 Euro für den Returnflug in der Business Class, mit Abflugort Madrid. Hierfür waren noch ein Zubringer sowie ein Hotel für eine Nacht in Madrid nötig, welche mit jeweils knapp 75 Euro im Grunde hinzuaddiert werden müssten. Dennoch kein schlechter Preis in Anbetracht der Reiseklasse und der zu sammelnden Meilen (200% bei Delta SkyMiles). Für den komplett geflogenen Return MAD-FCO-BOS//BOS-FCO-MAD wären das immerhin knapp 20.000 Meilen gewesen. Aufgrund einer Planänderung blieb es bei mir aber beim Hinflug von Madrid über Rom nach Boston, wobei ich dann auf einem weiteren separaten Ticket nach Toronto weitergeflogen bin. Damit sah meine Route wie folgt aus:

Nach einer kurzen Nacht in Madrid und einem angenehmen und kurzen Flug von Madrid nach Rom im A320 von Alitalia ging es für den relativ kurzen Layover in die Lounge. Als die Boardingzeit näher rückte und ich als einer der ersten am Gate war sah es bereits nach einer kurzen Verzögerung aus. Nach etwa 15 Minuten hieß es dann, man solle sich setzen, weitere Informationen folgen. Kurz darauf erhielt ich eine SMS, dass der Flieger einen technischen Defekt hat und wir nicht vor 14:20 Uhr (geplante Abflugzeit 10:45 Uhr) starten könnten. Also ging es zurück in die Lounge, wo ich nach einer Umbuchung auf einen anderen Flug nach Toronto fragte, was natürlich nicht möglich war. Um meinen Anschlussflug nicht zu verpassen buchte ich meinen Flug mit Porter Airlines von Boston nach Toronto für 150 USD um und freute mich im Gegenzug über das anstehende Taschengeld in Höhe von 300 Euro.
Die Alitalia Lounge in Rom ist übrigens wirklich gelungen und bietet hervorragende, frisch zubereitete Speisen an.

Kurz vor dem zweiten Boarding machte ich mich wieder auf den Weg zum Gate, wo der Einlass bereits begonnen hatte. Also marschierte ich direkt durch und nahm auf meinem Platz 3J in der relativ überschaubaren Kabine des A330-200 von Alitalia mit nur 20 Business Class Sitzen platz. Innert kürzester Zeit kam die Crew an meinen Platz, hat sich vorgestellt, und mir einen Predeparture Drink angeboten. Sofort ist mir die Herzlichkeit der Flugbegleiter aufgefallen, welche den ganzen Flug über andauern sollte und mich wirklich positiv beeindruckt hat.

Alitalia Business Class Airbus A330-200 – Die Kabine
Alitalia hat nur zwei Typen von Langstreckenflugzeugen in der Flotte, zum einen die Boeing 777-200ER, welche vor allem in Richtung Asien eingesetzt wird, und den Airbus A330-200. Die Flieger sind relativ alt, und dieses hohe Alter sieht man den Kabinen auch deutlich an.
Zunächst ein paar Infos Sitzordnung: Diese ist eine gestackte 1-2-1 Anordnung zwischen den Türen 1 und 2, analog zu jener im Iberia A340-600. Das heißt die Sitze variieren was den Abstand zum Gang angeht. Fenstersitze (C & J) in den Reihen 1, 3 und 5 sind nahe am Gang, während jene (A & L) in den Reihen 2 und 4 nahe am Fenster sind und die größte Privatsphäre bieten. Bei den mittleren Sitzen ist es umgekehrt, ungerade Sitzreihen haben Honeymoon Sitzplätze welche weg vom Gang, aber nahe beieinander, sind während gerade Sitzreihen zwar Abstand voneinander haben aber nahe dem Gang sind. Immerhin hat jeder Sitzplatz direkten Zugang zum Gang, somit ist die Anordnung vollkommen in Ordnung.

Was direkt beim Betreten der Kabine auffällt sind drei Dinge. Die Kabine ist relativ klein und überschaubar, wirkt durch die fehlenden Overhead Bins in der Mitte allerdings nicht eng oder gedrungen. Und sie hat ihre besten Jahre schon lange hinter sich, nicht nur was die Farbgebung der Sitze betrifft, sondern auch deren Zustand. Dieser war nicht zwangsläufig schlecht, aber irgendwann ist nun einmal ein Alter erreicht, bei dem auch gute Pflege nichts mehr hilft, und das ist hier definitiv der Fall. Die Kabinen gehören meiner Meinung nach von Grund auf erneuert, bzw. am besten ersetzt man die veralteten Maschinen direkt mit neuen und effizienten Flugzeugen und einer neuen Business Class Kabine. Das ist natürlich in der aktuellen Situation reines Wunschdenken, aber als neueste Staatsairline wird uns Alitalia wohl auch weiterhin erhalten bleiben und in ferner Zukunft mit einem aktuellen Produkt durch die Gegend fliegen.
Für die maximal 20 Passagiere stehen jeweils ein WC vorne und hinten zur Verfügung.

Alitalia Business Class Airbus A330-200 – Sitz/Bett
Durch die gestackte 1-2-1 Anordnung hat jeder Sitzplatz direkten Gang-Zugang, so dass man nicht über seinen Sitznachbarn steigen muss wenn man aufstehen möchte.
Zwar sind einige der Sitze privater als andere, aber allesamt sind vom Aufbau her gleich. Es gibt keine unterschiedlich großen Fußablagen, so wie es bei der Swiss zum Beispiel in der Boeing 777 der Fall ist, lediglich sind die Ablage und der Tisch jeweils links oder rechts. Für Zusammenreisende sind wohl die Sitze in der Mitte am besten geeignet, denn sie haben zwar eine Trennwand, aber keine Seitenablagen zwischen sich, bei der man sich all zu weit vorbeugen müsste, um miteinander zu kommunizieren, bieten aber gleichzeitig viel Privatsphäre.
Die exponierten Gangsitze bieten zu eben diesem keinerlei Privatsphäre, mal abgesehen von der kleinen Armlehne. Für einen Tagflug finde ich das vollkommen unproblematisch, zum Schlafen allerdings sind Sitze nahe beim Fenster auf jeden Fall zu bevorzugen. Das Bett habe ich entsprechend des Tagfluges nicht getestet, aber von meinem Erlebnis mit Iberia weiß ich noch, dass sie zum Schlafen recht angenehm sind.
Zusätzlich gibt es noch eine Massagefunktion, welche ich allerdings erst gerade eben beim Schreiben auf den Fotos entdeckt habe. Für das Alter der Hardware ist das wirklich erstaunlich. Lediglich auf eine Anpassung der Sitzhärte muss verzichtet werden.
Die Bedienelemente des Sitzes sind seitlich der Sitzfläche über der Armlehne angebracht, ganz in der Nähe der Leselampe. Direkt darunter befindet sich der IFE Controller, mit welchem auch die Deckenlampen bedient werden können.
Was den Stauraum angeht ist die Alitalia Business Class nur mittelmäßig. Zwar gibt es unter der Fußablage, und – im Falle von Gangsitzen – in Richtung des Fensters genügend Stauraum für einen Rucksack oder eine Tasche, allerdings muss dieser Platz für Start und Landung frei sein. Und die einzige Möglichkeit kleinere Sachen wie iPad oder eReader zu verstauen ist mit Zeitschriften vollgestopft. Mit ein bisschen quetschen passt hier noch ein wenig rein, der Rest muss allerdings im Overhead Bin verstaut werden. Unter der Armlehne findet immerhin noch eine kleine Wasserflasche Platz. Das ist ganz praktisch.
Mein Fazit zum Sitz ist daher gemischt. Grundsätzlich bin ich dem Sitz nicht abgeneigt, was vor allem an der großen Fußablage und den verschiedenen Varianten innerhalb einer Kabine liegt, so dass für jeden Reisenden was dabei ist. Allerdings kenne ich keine Airline die diesen Sitz auch in einem ansprechenden Design führt. Das viele graue Plastik wirkt zusammen mit den meist sehr alten Sitzbezügen einfach alles andere als modern. Bei einem kompletten Refresh der Kabine inklusive Auswechseln der eintönigen Blenden könnte mich der Sitz wohl durchaus begeistern, vorausgesetzt beim Stauraum wird noch nachgebessert. Kurzum: Gut, aber nicht mehr.
Alitalia Business Class Airbus A330-200 – Entertainment
Was das Inflight Entertainment angeht, so ist zumindest die Hardware passend zur Kabine nicht gerade auf dem neusten Stand. Der Monitor ist fest im Vordersitz verbaut, ist mit 15 Zoll Bilddiagonale vergleichsweise klein, und lässt sich weder neigen noch drehen. Deutlich überzeugender war allerdings die gebotene Filmauswahl, denn die war nicht nur umfangreich sondern es gab auch die neusten Blockbuster. Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, allerdings meine ich mich zu erinnern, dass der Monitor nicht per Touch, sondern nur mit der Fernbedienung bedient werden kann.
Die am Platz befindlichen Kopfhörer schienen ganz ok zu sein, jedoch habe ich wie immer meine eigenen Kopfhörer benutzt. Der entsprechende Anschluss befindet sich vor der Armlehne, ein Adapter wird nicht benötigt.
Wer noch ein Gerät aus den Jahren um die Jahrtausendwende herum besitzt, oder einen entsprechenden Adapter mit sich führt, der kann sogar sein eigenes Entertainment auf dem Monitor abspielen, jedenfalls befinden sich derlei Anschlüsse unter der Armlehne. Auch Stromanschlüsse zum Laden der Geräte sind im Vordersitz unten angebracht.
Ebenfalls etwas altbacken aber dennoch seinen Zweck erfüllend kommt die Airshow im A330 von Alitalia daher. Es gibt eine Livemap, Angaben zur verbleibenden Distanz etc. Das Grün wirkt bei Dunkelheit leider etwas gar grell, aber ansonsten stimmt eigentlich alles.
Alitalia Business Class Airbus A330-200 – Essen/Service
Das war nun einiges an Kritik, die Alitalia da einstecken musste. Kommen wir zum positivsten Teil dieses Reviews. Denn sowohl beim Essen als auch beim Service kann Alitalia problemlos bei der Konkurrenz mithalten. Los ging es mit einer netten Begrüßung und einem Glas Champagner vor dem Abflug.

Ich musste nie lange auf etwas warten, sei es das Essen oder Getränke. Noch vor dem Start wurden das Menü und die Getränkekarte verteilt, und unmittelbar danach das gewünschte Essen aufgenommen. Das Menü auf der Strecke zwischen Rom und Boston war dabei das Folgende:
Hier lässt sich Alitalia wahrhaftig nicht lumpen. Zur Vorspeise gab es ein Rinds-Carpaccio, welches so auch im Restaurant hätte serviert werden können. Dazu gab es Gebäck und ein Glas Weißwein.
Anschließend wurde der erste von zwei Hauptgängen serviert. Auch wenn es nicht unbedingt so aussieht, so war der Risotto mit dem Kalbfleisch wirklich gut.

Noch besser war dann der zweite Hauptgang, ein in Wein geschmortes Rinds-Stück mit Gemüse als Beilage. Zwischendurch kam immer wieder eine Flugbegleiterin vorbei um Wasser und Wein nachzuschenken.

Nach soviel Essen musste ich dann auf das Dessert – es gab eine Auswahl zwischen Käseplatte, Früchteteller oder Törtchen – verzichten. Ich bin mir sicher, dass es genauso gut wie der Rest des Essens war.
Vor der Landung wurde dann noch einmal etwas Kaltes serviert, wobei ich unsicher bin was genau es war, auf der Karte konnte ich es auch nicht finden. Sicher bin ich mir bei den Früchten, dem Brot und dem Trockenfleisch. Was es zum Trockenfleisch dazu gab weiß ich allerdings beim besten Willen nicht mehr.
Wenn ich etwas kritisieren müsste wäre es die Präsentation des Essens. Das Essen selbst war wirklich sehr gut und muss sich nicht verstecken, aber das Auge isst ja bekanntlich mit, und hier ließe sich wohl mit wenig Aufwand einiges erreichen.
Besonders hervorheben möchte ich noch einmal den ausgezeichneten Service der Crew. Egal mit wem ich interagiert habe, es war ausnahmslos jeder überaus freundlich und zuvorkommend, aber auch einem kleinen Schwätzchen in der Galley nicht abgeneigt. Da merkt man wieder einmal, dass ein Flug in der Business Class mit dem Service steht oder fällt.
Alitalia Business Class Airbus A330-200 – Amenities
Nach dem Boarding wurden die Amenity Kits von den Flugbegleitern verteilt. Alitalia arbeitet dabei mit Salvatore Ferragamo zusammen und bietet ein verhältnismäßig hochwertiges Amenity Kit an, das sich auch sehr gut außerhalb des Flugzeugs gebrauchen lässt. Darin enthalten sind eine Schlafmaske, Zahnbürste und Zahnpasta, Reinigungstuch, Body Lotion, Lippencreme, ein Pfefferminzbonbon und eine Parfümprobe.
Einen Pyjama oder Slipper gibt es bei Alitalia nicht, wobei das auf kurzen Tagflügen wohl auch nicht nötig ist.
Alitalia Business Class Airbus A330-200 – Bad
Für die Passagiere der Business Class gibt es zwei Bäder an Bord des A330, jeweils eines vor und hinter der Kabine. Diese sind absolut nichts Besonderes, weder gibt es eine gesonderte Ausstattung in der Business Class, noch irgendwelche anderweitigen Amenities wie zum Beispiel echte Handtücher oder Cremes. Aber sie erfüllen ihren Zweck.
Alitalia Business Class Airbus A330-200 – WiFi
Trotz des hohen Alters der Flotte bietet Alitalia auf ihren A330 WiFi an. Für Reisende am vorderen Ende gab es jeweils einen 50MB Gutschein gratis.
Darüber hinaus kann man folgende Pakete kaufen:
- 10 MB für 2 USD
- 50 MB für 6 USD
- 90 MB für 12 USD
- 200 MB für 20 USD
Das ist Pricing ist etwas merkwürdig gestaffelt und nicht gerade günstig, aber immerhin ist es vorhanden. Wie üblich habe ich meinen Code nicht benutzt, da er aber schon abgelaufen ist kann ich ihn dieses mal leider auch nicht verschenken.
Alitalia Business Class Airbus A330-200 – Fazit
Mein erster Flug mit Alitalia hat mich positiv überrascht. Ich wusste bereits, dass die Hardware relativ alt ist und ein Update benötigt, aber beeindruckt hat mich sowohl der Service als auch das servierte Essen und Trinken. Wenn Alitalia, sollten sie irgendwann einmal schwarze Zahlen schreiben und Geld übrig haben, die Kabinen erneuert könnte ich mir durchaus vorstellen häufiger mit Alitalia in die Staaten zu reisen.
Ich war übrigens nicht der einzige Schnäppchenjäger an Bord, denn während des Fluges hat mich jemand angestupst, der mich bereits auf dem Flug von Madrid nach Rom gesehen hatte. Wie sich herausstellte hatte er die gleiche Errorfare gefunden und gebucht.
Seid ihr bereits mit Alitalia in der Business Class geflogen? Wie hat euch das Produkt, insbesondere der Service gefallen?
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