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25. April 2021 Lothar 2 Portraits

Zweistrahler im Portrait: Die Boeing 737

In diesem Teil unserer ‘Zweistrahler im Portrait’-Reihe beschäftigen wir uns mit der Boeing 737, einem Flugzeug das seit über 50 Jahren immer wieder für positive wie auch negative Schlagzeilen sorgt. Angefangen mit der glorreicheren Vergangenheit wollen wir uns auch mit der aktuellen MAX-Krise beschäftigen sowie einen Blick darauf werfen, wie die Zukunft der 737 aussehen könnte – und wann mit einem Nachfolger zu rechnen sein könnte.

Die Boeing 737 – Entstehungsgeschichte

Das Konzept der Boeing 737 entstand Mitte der 1960er-Jahre zu einer Zeit, als Boeing mit der 707 und der 727 gerade erst Düsenverkehrsflugzeuge auf die Lang- und Mittelstrecke gebracht hatte. Nun ging es darum, das Produktportfolio auch noch mit einem kleineren Düsenverkehrsflugzeug auf der Kurzstrecke zu ergänzen – schließlich war das Zeitalter des Düsenantriebs bei Verkehrsflugzeugen angebrochen und es gab auch genug alte Propellermaschinen zu ersetzen. Dieses Marktpotential war natürlich auch den Konkurrenten von Boeing nicht entgangen. Tatsächlich schaffte es die Konkurrenz teilweise sogar vor der 737 auf den Markt, etwa in Form der British Aircraft Corporation BAC 1-11 oder der bekannten Douglas DC-9.

Boeing 727 200 Copyright Boeing
Der Rumpf der 737 wurde von der 727 übernommen und gekürzt © Boeing

In den ersten Konzepten ähnelte die 737 den genannten Flugzeugen von der Form her auch noch stark, die Triebwerke waren seitlich am Heck vorgesehen (Fotos findet ihr über Google Bilder). In weiterer Folge wurden die Triebwerke jedoch nach vorne unter die Tragflächen bewegt. Erste Designarbeiten an der 737 hatten im Jahr 1964 begonnen, ein Jahr später – im Februar 1965 – wurde das Programm dann auch offiziell gestartet. Da es auch auf Grund des Konkurrenzdrucks galt, schnell auf den Markt zu kommen, entschloss man sich bei der Entwicklung des Flugzeugs große Teile des 727-Designs (rund 60%) zu übernehmen. Übernommen wurden dabei insbesondere der Rumpf und die Nase der 727, welche eigentlich wiederum in großen Teilen auf die 707 zurückgeht. Die optische Ähnlichkeit der 707, 727 und 737 ist auf Bildern auch sehr gut erkennbar, besonders wenn man sich auf die vordere Hälfte der jeweiligen Flugzeuge konzentriert. Im Vergleich zu den genannten, damaligen Konkurrenzmodellen lässt sich die 737 – auf Grund des von der 727 geerbten Rumpfdurchmessers – standardmäßig mit 6 statt 5 Sitzen pro Reihe konfigurieren.

Boeing 737 100 Copyright Boeing Seattle Museum Of Flight
Der Boeing 737-100 Prototyp © Boeing / Seattle Museum of Flight

Wie kaum ein anderes Flugzeug wurde die Boeing 737 über Jahrzehnte hinweg immer weiterentwickelt. Auf ganze vier Generationen hat Boeing es bei der 737 inzwischen gebracht – die Originals (-100 und -200), die Classics (-300 bis -500), die Next Generation (-600 bis -900) sowie die MAX-Generation (MAX 7 bis MAX 10). Gerade im Zuge der MAX-Krise kam dabei immer wieder die Frage auf, ob das Flugzeug inzwischen nicht bereits über die zumutbaren Grenzen des immerhin über 50 Jahre alten Basisdesigns fortentwickelt wurde (Stichwort “Overengineering”).

Die Boeing 737 – Verschiedene Varianten

737-100 und 737-200 – die “Original”-Reihe

Die 737-100 ist das erste 737-Modell und absolvierte ihren Erstflug im April 1967. Das erste Exemplar wurde im Jahr 1968 beim Erstkunden Lufthansa in Dienst gestellt. Die Boeing 737 war somit gleichzeitig das erste Boeing-Flugzeug mit einem nicht-amerikanischen Erstkunden. Die Lufthansa war mit 22 der insgesamt nur 30 (!) produzierten 737-100 der größte Betreiber dieses Typs. Die 737-100 der Lufthansa dürfte mit ungefähr 100 Sitzen konfiguriert gewesen sein, das Exit-Limit des Typs lag jedenfalls bei 124 Passagieren. In Sachen Reichweite kam die 737-100 auf rund 2.850 Kilometer.

Ein Markenzeichen der 737-100 – und auch der 737-200 – sind die länglichen Pratt & Whitney JT8D Triebwerke. Diese für heutige Verhältnisse äußerst lauten Triebwerke wurden von der 727 übernommen (siehe Foto oben) und etwas überarbeitet. Die längliche Triebwerksform hat dazu geführt, dass man die Boeing 737 mittels kurzer Fahrwerke sehr niedrig gelegt hat. Schließlich benötigten die Triebwerke nicht mehr Platz und die Nähe zum Boden machte die Passagier- und Gepäckabfertigung zunächst einfacher. Bei den weiteren Generationen sollte genau dieser Umstand hingegen noch zu größeren Komplikationen führen. Die einzig heute noch verbliebene 737-100 findet sich im Museum of Flight in Seattle.

Lufthansa Boeing 737 100 Copyright Lufthansa
Lufthansa war Erstkunde der 737-100 © Lufthansa

Die 737-200 wurde ebenfalls im Jahr 1965 angekündigt und war auf Wunsch amerikanischer Fluglinien im Vergleich zur 737-100 um etwas unter zwei Meter verlängert worden, womit nochmal bis zu 12 Passagiere zusätzlich in den Typ passen. Das erste Exemplar wurde im April 1968 bei United Airlines in Dienst gestellt, somit nur zwei Monate nach der Indienststellung der ersten 737-100 bei der Lufthansa. Drei Jahre später legte Boeing mit der 737-200 Advanced nochmal nach und konnte die Reichweite des Typs durch viele kleinere Verbesserungen auf bis zu 4.200 Kilometer steigern. In weiterer Folge brachte Boeing auch noch diverse Combi-Varianten der 737-200 auf den Markt, um Airlines mehr Flexibilität bieten zu können – die Passagierzahlen waren zu dieser Zeit schließlich noch auf einem relativ niedrigen Niveau, gleichzeitig kam z.B. der Luftpost damals noch eine gewichtigere Rolle zu. Mit 1.095 ausgelieferten Exemplaren war die 737-200 das erste erfolgreiche 737-Modell.

Nolinor Boeing 737 200 Copyright Nolinor
Im Norden Kanadas kommt die 737-200 noch zum Einsatz © Nolinor

Heutzutage ist die 737-200 im Passagierbetrieb einerseits noch vereinzelt bei diversen Fluglinien in Schwellen- und Entwicklungsländern – etwa bei diversen Fluglinien in Venezuela – im Einsatz, und andererseits bei verschiedenen Fluglinien im Norden Kanadas. Letzteres erklärt sich dadurch, dass die 737-200 eine Zeit lang mit sogenannten “Gravel Kits” angeboten wurde, wodurch auch sichere Landungen etwa auf Schotterpisten ermöglicht wurden. Kanadische Fluglinien wie Nolinor oder Canadian North fliegen mit ihren dementsprechend ausgestatteten, teilweise bereits über 40 Jahre alten 737-200 abgelegene Flugplätze im Norden Kanadas an. Nolinor hat sogar erst vor kurzem sämtliche Cockpits ihrer 737-200 modernisieren lassen und plant den Typ auch noch weitere 25 Jahre einzusetzen.

737-300 bis 737-500 – die “Classic”-Reihe

Ende der 1970er-Jahre begann Boeing bereits damit, eine neue Generation der 737-Reihe zu planen. Das Basismodell der neuen 737-Reihe war dabei die 737-300. Neben einem knapp 3 Meter längeren Rumpf und überarbeiteten Tragflächen sollte die neue 737 auch über modernere Cockpittechnik und insbesondere über neue, effizientere und leisere Triebwerke verfügen. Die Wahl fiel dabei auf die CFM-56 Triebwerke des Herstellers CFM International – die später in abgewandelter Form auch beim Airbus A320 und A340 zum Einsatz kommen sollten.

Nun sollten sich die kurzen Fahrwerke der 737 zum ersten Mal rächen – da die CFM-56 Triebwerke keinen ausreichenden Abstand zum Boden gehabt hätten, entschied man sich dazu, die Triebwerke weiter vorne aufzuhängen und die Triebwerksform gleichzeitig nach unten hin abzuflachen. Dadurch fielen die Leistungswerte der neuen Triebwerke etwas niedriger als ursprünglich geplant aus. Trotzdem konnte die Reichweite dezent auf 4.400 Kilometer gesteigert werden und die maximale Passagieranzahl auf Grund des längeren Rumpfs auf 149 erhöht werden. Die erste 737-300 wurde im November 1984 bei Southwest Airlines in Dienst gestellt. In weiterer Folge sollte die 737-300 mit insgesamt 1.113 Auslieferungen zu einem beachtlichen Verkaufserfolg werden.

Air New Zealand Boeing 737 300 Pixabay
Mit der Classic-Reihe wurde auch das seither 737-typische, im unteren Bereich kantig nach vorne verlängerte Leitwerk eingeführt

Auch die 737-300 hat heutzutage bereits Seltenheitswert und ist überwiegend nur noch bei Charterfluggesellschaften oder eher obskureren Fluglinien wie der nigerianischen Air Peace oder der südamerikanischen Boliviana zu finden.

Im Jahr 1986 kündigte Boeing mit der 737-400 die erste Abwandlung des neuen Basismodells an. In der um drei Meter verlängerten 737-400 konnten nun bis zu 188 Passagiere platznehmen, die Reichweite stieg auf 5.000 Kilometer an. Der Erstflug fand im Oktober 1988 bei Piedmont Airlines statt, welche später in US Airways aufging, welche wiederum später in American Airlines aufging. Mit 486 Auslieferungen war die 737-400 für eine verlängerte Variante ein ganz ordentlicher, wenn auch nicht überragender Erfolg. Aktuell kommt die 737-400 fast nur noch als umgebauter Frachter oder vereinzelt bei Charterfluggesellschaften zum Einsatz.

Menkor Aviation Boeing 737 400 Copyright Menkor Aviation
Eine 737-400 im Chartereinsatz © Menkor Aviation

Als zweite Abwandlung der 737-300 brachte Boeing im Jahr 1989 die um zweieinhalb Meter verkürzte 737-500 auf den Markt. Das Flugzeug entsprach mit diesen Maßen in etwa der 737-200 und war entsprechend auch bisherigen 737-200-Kunden angeboten worden. In dieser verkürzten Variante konnten maximal 140 Passagiere über eine Distanz von 5.200 Kilometer befördert werden. Die 737-500 brachte es auf 389 ausgelieferte Exemplare und war vor allem in den USA beliebt – größter Kunde war United Airlines. Heutzutage ist auch die 737-500 kaum noch im Liniendienst zu finden, eine halbwegs bekannte Ausnahme stellt lediglich die russische UTAir dar, welche noch 30 737-500 in ihrer Flotte hat.

Nam Air Boeing 737 500 Copyright Nam Air
Die indonesische NAM Air verfügt noch über 737-500 © NAM Air

737-600 bis 737-900 – die “Next Generation”-Reihe

In Folge der zunehmenden Erfolgsgeschichte des Airbus A320 kündigte Boeing im Jahr 1993 die nächste Generation der 737-Reihe an. Die 737 dieser Generation (“737NG”) verfügen wiederum über verbesserte Triebwerke (CFM56-7), überarbeitete und vergrößerte Tragflächen, zahlreiche Cockpitmodernisierungen (allerdings kein fly-by-wire System!) und ein moderneres, an der Boeing 777 orientiertes Kabinendesign.

Das Basismodell dieser Generation ist die 737-700, welche der Größe nach in etwa der 737-300 der vorherigen Generation entsprach. Mit der 737-700 können bis zu 149 Passagiere über eine Distanz von 5.570 Kilometer befördert werden. Damit steht das Flugzeug in direkter Konkurrenz mit dem Airbus A319. Die erste 737-700 wurde im Dezember 1997 bei Southwest Airlines in Dienst gestellt. Ebenjene Fluglinie ist gleichzeitig der größte Fan dieser 737-Variante, gehen doch immerhin ganze 474 der insgesamt 1.128 produzierten Maschinen auf das Konto der amerikanischen Billigfluggesellschaft.

Southwest Boeing 737 700 Unsplash
Die 737-700 bei ihrem größten Betreiber – Southwest Airlines

Im Jahr 2006 kündigte Boeing auf der Basis des Boeing Business Jets (BBJ) die 737-700ER an. Dabei handelt es sich um eine 737-700 mit den Tragflächen und dem Fahrwerk der 737-800 sowie zusätzlichen Treibstofftanks. Durch die zusätzlichen Treibstofftanks stieg die Reichweite auf bis zu 10.200 Kilometer an, gleichzeitig sank die Frachtkapazität und maximale Passagieranzahl auf Grund des möglichen Maximalgewichts aber auch deutlich herab. Der einzige Kunde der 737-700ER war die japanische All Nippon Airways, welche zwei Exemplare bestellte. Die beiden mit einer “ANA Businessjet”-Speziallackierung versehenen Flugzeuge wurden von ANA auf den Routen zwischen Tokio-Narita und Mumbai sowie zwischen Nagoya und Guangzhou eingesetzt und waren dabei in einer Konfiguration mit lediglich 24 Business Class und 24 (später 10) Economy Sitzen ausgestattet. Im Jahr 2016 wurden die beiden Maschinen von ANA bereits wieder ausgeflottet.

Das mit Abstand erfolgreichste Modell nicht nur der 737NG-Reihe, sondern unter sämtlichen 737 überhaupt ist mit 4.991 Auslieferungen zweifellos die Boeing 737-800. Diese um ganze sechs Meter verlängerte Variante wurde im April 1998 erstmals in Dienst gestellt und kann 189 Passagiere über eine Reichweite von 5.500 Kilometer befördern. Die größten Betreiber des Typs sind aktuell American Airlines (276), Ryanair (262), Southwest Airlines (207), China Southern Airlines (163) und United Airlines (141).

Turkish Airlines Boeing 737 Pixabay
737-800 der Turkish Airlines

Als nächstes folgte im September 1998 wiederum eine verkürzte Variante, nämlich die 737-600. Diese verkürzte Variante entsprach der Größe nach am ehesten der 737-500 der vorherigen Generation, deren Nachfolger die 737-600 auch darstellte. Inzwischen hatte sich der Markt aber in Richtung der größeren Varianten verschoben, insgesamt wurden auch nur 69 Exemplare der 737-600 ausgeliefert. Die 737-600 ist die einzige Variante der 737NG-Reihe, die standardmäßig ohne die neuen Winglets ausgeliefert wurde. Die wichtigsten Kunden waren SAS Scandinavian Airlines und Westjet – bei letzterer sind nach wie vor 13 Exemplare im Einsatz.

Sas Boeing 737 600 Copyright Sas
Wenig erfolgreich: Die kurze Boeing 737-600 © SAS Scandinavian Airlines

Im Mai 2001 beim Erstkunden Alaska Airlines in Dienst gestellt, rundete schließlich die 737-900 die 737NG-Reihe nach oben hin ab. Paradoxerweise wurden bei der 737-900 zunächst keine zusätzlichen Notausgänge vorgesehen, weshalb die maximale Passagieranzahl (189) trotz des längeren Rumpfs mit jener der 737-800 identisch war. In einer Zwei-Klassen-Bestuhlung konnte der Rumpf hingegen natürlich schon besser ausgenutzt werden. Da es aber nicht zuletzt auch mit dem immer stärker werdenden Airbus A321 zu konkurrieren galt, legte Boeing schon bald die 737-900ER mit zusätzlichen Notausgängen nach. Dadurch stieg die Kapazität auf maximal 220 Passagiere an. Die größten Betreiber der 737-900(ER) sind aktuell United (148), Delta Airlines (130), Alaska Airlines (91), Lion Air (78) und Korean Air (20).

Klm Boeing 737 900 Pixabay
737-900 der KLM in SkyTeam-Lackierung

Die “737 MAX”-Reihe

Ende 2010 kündigte Airbus das A320neo-Programm an und konnte schon kurz darauf neue Bestellrekorde verzeichnen. Mit American Airlines gab Mitte 2011 schließlich auch einer der bisher wichtigsten und loyalsten Boeing- bzw. 737-Kunden eine Großbestellung für 130 A320neo auf (die sich einige Jahre später nach der US Airways Übernahme wiederum erübrigen sollte). Gleichzeitig stellte die Fluglinie Boeing eine Rute ins Fenster, dass auch eine Großbestellung einer etwaigen, neu aufgelegten 737 möglich wäre. Infolgedessen sah Boeing sich gezwungen, die Arbeiten an einem gänzlich neuen Schmalrumpfflugzeug (Codename “Boeing Y1”) einzustellen und stattdessen kurzfristig eine weitere Generation der 737-Reihe aufzusetzen. Angaben von Boeing zu Folge soll die MAX-Reihe rund 15% effizienter als die NG-Reihe sein und zudem um einige Prozentpunkte effizienter als die A320neo-Reihe zu betreiben sein.

Boeing 737 Max Familie Copyright Boeing
Ein Familienfoto aus besseren Zeiten © Boeing

Der größte Anteil an der Effizienzsteigerung der neuen 737-Reihe sollte wiederum durch eine neue Triebwerksgeneration beigetragen werden. An dieser Stelle wiederholte sich die Geschichte ein wenig, da die neuen LEAP-1B Triebwerke vom Hersteller CFM International wiederum größer ausfielen und damit wiederum nicht ausreichend Platz unter den Tragflächen vorhanden war. Aus diesem Grund entschied man sich das vordere Fahrwerk um 26 Zentimeter anzuheben und die Triebwerke zusätzlich noch weiter vorne und höher zu platzieren. Neben weiteren aerodynamischen Verbesserungen bekamen alle Varianten der MAX-Reihe auch neue, unverkennbare “Split Scimitar”-Winglets, die allerdings auf Kundenwunsch auch bei 737NG-Maschinen nachgerüstet werden können. Erkennbar sind die Flugzeuge der 737-MAX-Reihe aber jedenfalls an den gezackten Enden der Triebwerksverkleidungen.

Die Basisvariante der MAX-Reihe ist diesmal – nach dem überragenden Erfolg der 737-800 wenig überraschend – die 737 MAX 8. Die erste 737 MAX 8 wurde im Mai 2017 beim Erstkunden, der malaysischen Malindo Air, in Dienst gestellt. Auf Grund der effizienteren Triebwerke und der sonstigen aerodynamischen Verbesserungen konnte die Reichweite dieses Typs im Vergleich zum Vorgänger (737-800) auf 6.500 Kilometer gesteigert werden, womit das Flugzeug nunmehr auch für sehr kurze Transatlantikflüge geeignet ist. So flog Norwegian etwa vor der Corona-Krise mit der MAX 8 von Irland an die US-Ostküste. Die maximale Passagierkapazität bleibt bei der regulären MAX 8 mit 189 Passagieren im Vergleich zum Vorgänger unverändert.

Lot Boeing 737 Max 8 Copyright Lot
Eine 737 MAX 8 der polnischen LOT © LOT Polish Airlines

Auf Wunsch von Ryanair entwickelte Boeing mit der 737-8200 auch noch eine Untervariante der MAX 8 mit zusätzlichen Notausgängen, wodurch die maximale Passagierkapazität auf 210 ansteigt. Ryanair verweist bereits jetzt darauf, dass man damit zukünftig die pro Passagier gerechnet effizienteste Kurz- und Mittelstreckenflotte überhaupt betreiben werde. In der Realität dürfte dies wohl eher auf wirtschaftlichen Überlegungen und weniger auf Umweltgedanken beruhen. Neben Ryanair wurde diese Untervariante auch von der vietnamesischen Billigfluggesellschaft Vietjet geordert. Der größte Betreiber der MAX 8 ist aktuell Southwest Airlines mit 64 Exemplaren. Die 737 MAX 8 ist das mit Abstand erfolgreichste Modell der MAX-Reihe.

Ryanair Boeing 737 8200 Copyright Boeing
Durch die zusätzlichen Notausgänge im hinteren Bereich steigt die Passagierkapazität auf 210 © Boeing

Als nächstes folgte mit der verlängerten 737 MAX 9 ein Nachfolger für die 737-900(ER). Die erste Maschine wurde im März 2018 beim Erstkunden Thai Lion Air in Dienst gestellt. Die Variante verkauft sich allerdings eher mäßig, was neben der internen Konkurrenz durch die 737 MAX 10 insbesondere auch an der externen Konkurrenz in Form des A321neo liegt – der A321neo hat sich bisher in etwa fünffach besser verkauft.

Dem bereits bekannten Muster entsprechend legte Boeing mit der 737 MAX 7 auch noch eine verkürzte Variante vor. Im Vergleich zum Vorgänger, der 737-700, ist das Flugzeug um etwa 2 Meter länger und kann dadurch eine gesteigerte Passagierkapazität von bis zu 172 Passagieren vorweisen. Wie auch der Airbus A319neo erweist sich auch die 737 MAX 7 nicht unbedingt als großer Verkaufsschlager, da in diesem kleineren Segment zunehmend Neuentwicklungen wie der A220-300 dominant werden. Im Gegensatz zum A319neo kann die 737 MAX 7 aber einen Großkunden mit einer riesigen Bestellung vorweisen – Southwest Airlines will mit ihren 200 bestellten 737 MAX 7 alternde 737-700 ersetzen. Die erste 737 MAX 7 soll gegen Ende 2021 ausgeliefert werden.

Southwest Boeing 737 Max 7 Render Copyright Boeing
Southwest wird größter Kunde der MAX 7 © Boeing

Zu guter Letzt hat Boeing auch noch die Entwicklung einer 737 MAX 10 angekündigt. Diese im Vergleich zur MAX 9 nochmal um 1,7 Meter verlängerte Variante soll nunmehr eine Kapazität von bis zu 230 Passagieren bieten und damit eine attraktivere Alternative zum A321neo darstellen. Um auf Grund des inzwischen ziemlich langen Rumpfs die Gefahr von Tailstrikes zu verringern, musste das Fahrwerk überarbeitet und etwas verlängert werden. Obwohl die MAX 10 dem A321neo in den -LR und -XLR Ausführungen in Sachen Reichweite unterlegen ist, hat die MAX 10 derzeit trotzdem immerhin 483 Bestellungen. An dieser Stelle muss allerdings erwähnt werden, dass es sich dabei zum Teil um von der MAX 9 auf die MAX 10 umgewandelte Bestellungen handelt. So hatte United Airlines etwa 100 ihrer 160 MAX 9 Bestellungen zu MAX 10 Bestellungen umgeändert. Die erste Auslieferung einer MAX 10 wird derzeit für das Jahr 2023 geplant.

Boeing 737 Max 10 Copyright
Rendering der 737 MAX 10 © Boeing

Die Zukunft der Boeing 737

Die MAX-Krise

Nach den Abstürzen von zwei Boeing 737 MAX 8 im Jahr 2018 (Lion Air Flug 610) bzw. 2019 (Ethiopian Flug 302) mit insgesamt 346 Toten kam es zwischen März 2019 und November 2020 (Europa: Januar 2021) zu einem so gut wie weltweiten Grounding aller 737 MAX 8 und MAX 9. Die Gründe für den Absturz dürften an dieser Stelle bereits allen Lesern hinlänglich bekannt sein, so dass ich an dieser Stelle auf technische Ausführungen verzichten werde.

Die Hauptvorwurf an Boeing lag darin, dass der amerikanische Flugzeughersteller mit der 737 MAX in aller Schnelle ein unausgegorenes, zusammengeflicktes Flugzeug auf den Markt gebracht hätte, um möglichst wenige Kunden an Airbus und deren A320neo-Familie zu verlieren. Ganz generell wurde kritisiert, dass man das 50 Jahre alte Grundgerüst der 737 einfach über das Limit gebracht habe. Dies würde sich etwa darin zeigen, dass die Triebwerke der 737 MAX auf Grund der 737-inhärenten, geringen Bodenhöhe nun noch weiter vorne platziert werden mussten und es dadurch zu einer derartigen Änderung des Flugverhaltens gekommen sei, dass das Flugverhalten nur noch mit einer extra dafür designten Software (MCAS) im gewünschten Bereich gehalten werden könne. Absurderweise hatte die US-amerikanische Zivilluftfahrtbehörde FAA zahlreiche Prüfaufgaben an Boeing selbst derogiert – Boeing prüfte sich im Rahmen der Zertifizierung der 737 MAX also teilweise selbst.

Boeing 737 Max 9 Copyright Boeing
Die weiter vorne platzierten Triebwerke des 737 MAX verändern das Flugverhalten © Boeing

Während die 737 MAX Reihe aus Passagiersicht durchaus einen nachhaltigen Schaden erlitten haben dürfte, zeigt sich dieser Trend bei den Bestellungen bisher allerdings noch kaum. So hielten sich die Stornierungen bisher ziemlich in Grenzen und es werden nach wie vor Großbestellungen der 737 MAX getätigt – zuletzt etwa die erwähnten 200 737 MAX 7 von Southwest Airlines. Dementsprechend dürften die Flugzeuge der 737NG sowie der 737 MAX Reihe auch noch einige Jahrzehnte am Himmel erhalten bleiben. Da Boeing Airbus im Segment der Schmalrumpfflugzeuge sowie im “Middle of the Market”-Segment (757, A321neo) zusehends hinterherläuft, würde es mich persönlich nicht überraschen, wenn Boeing noch in diesem Jahrzehnt einen vollkommen neu entwickelten 737-Nachfolger vorstellen würde.

Die Verkaufszahlen der A320neo-Familie dürften für die 737 MAX durch die Krise jedenfalls unerreichbar geworden sein und es wäre durchaus vorstellbar, dass Boeing in den kommenden Jahren neue Bestellungen weiterhin durch besonders hohe Rabatte incentivieren wird. Aktuell hält die 737 MAX Reihe bei 4.437 Bestellungen, dem stehen 7.372 Bestellungen der A320neo-Reihe gegenüber. Im Jahr 2019 hat die A320-Familie die 737-Familie als meistverkauftes Verkehrsflugzeug der Welt abgelöst.

Die 737 im DACH-Raum

Innerhalb der Lufthansa-Gruppe ist die Boeing 737 aktuell inzwischen gar nicht mehr vertreten. Dabei war Lufthansa wie bereits erwähnt sogar der Erstkunde der 737-100 und setzte in den folgenden Jahren und Jahrzehnten auch auf die 737 Classics, bis man schließlich nach und nach einen Umstieg auf die Airbus A320-Familie vollzog. Nachdem sich die 737 in verschiedenen Varianten 50 Jahre lang in der Flotte der Lufthansa befand, wurde im Jahr 2016 das letzte Exemplar – eine 737-300 – bei der Lufthansa ausgeflottet. Darüber hinaus war und ist die 737 in Deutschland bei diversen Billig- und Charterfluggesellschaften in verschiedenen Ausführungen vertreten, etwa bei den ehemaligen Fluglinien Hapag Lloyd Express, Germania oder Airberlin sowie der heutigen Tuifly. In Österreich hatte Lauda Air über die Jahre hinweg verschiedene Varianten der 737 betrieben, darunter neben einer 737-200 auch 737-300, 737-400, 737-600, 737-700 sowie 737-800. Die 737NG der Lauda Air wanderten im Rahmen der Übernahme durch Austrian Airlines im Jahr 2001 zunächst mit zur AUA, wurden bis 2013 jedoch ausgeflottet, da man stattdessen zunehmend auf die A320-Familie setzte. In der Schweiz kam die 737 weder bei Swissair, noch beim Nachfolger Swiss zum Einsatz.

Was sind Eure Erfahrungen mit der Boeing 737?

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